Wir gedenken der Lüneburger Antifaschistin Sonja Barthel
Auf der von Falken und VVN-BdA organisierten Gedenkveranstaltung zum 2. Todestag der Lüneburger Antifaschistin Sonja Barthel durfte ich einen Redebeitrag halten. Es wird Zeit, dass die Umbenennung der Lüneburger Hindenburgstraße in Sonja-Barthel-Straße endlich erfolgt und nicht weiter hinausgezögert wird. Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen!
Liebe Anwesende,
wir sind hier zusammengekommen, um der Antifaschistin Sonja Barthel an ihrem 2. Todestag zu gedenken. Sonja Barthel hat sich zeitlebens aktiv in der Lüneburger Stadtgesellschaft eingebracht und sich auch als Ratsfrau für Gerechtigkeit und Solidarität mit Unterdrückten und Benachteiligten und gegen den erstarkenden Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft stark gemacht.
Aktuell ist der Name Sonja Barthel im Stadtrat Gesprächsthema im Zusammenhang mit dem Anliegen, die Hindenburgstraße in Sonja-Barthel-Straße umzubenennen. Das gestaltet sich allerdings nicht so einfach, weil die Mühlen der Verwaltung sehr langsam mahlen, wenn die Verwaltung die Dringlichkeit einer Sachlage nicht erkennen möchte. So wurde bereits 2013 von Mitgliedern des Stadtrates beantragt, die Hindenburgstraße umzubenennen. Und auch jetzt wird ein erneuter Versuch, die Hindenburgstraße umzubenennen, bereits seit über einem Jahr im Rat diskutiert. Eine konkrete Entscheidung wird immer weiter hinausgezögert.
Dabei ist es 79 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges mehr als überfällig, Straßennamen, die Steigbügelhalter*innen des Faschismus ehren, umzubenennen. Gemeinsam mit der VVN und auch mit der Zustimmung der SPD und in Teilen mit Zustimmung der Grünen, macht die Gruppe Die PARTEI / Die Linke sich im Stadtrat dafür stark, dass es zu einer Neubenennung in Sonja-Barthel-Straße kommt. Leider kam es in diesem Zusammenhang im Ausschuss von Seiten der CDU zu der Äußerung, die VVN sei eine linksextremistische Vereinigung, dessen Beteiligung an der Umbenennung zu prüfen sei.
Aktuell sind die Antragsberatungen so weit fortgeschritten, dass die Verwaltung eine Informationsveranstaltung zu Paul von Hindenburg in der Ritterakademie ausrichtet. Ich bitte alle hier Anwesenden, an dieser Veranstaltung teilzunehmen und dort mit Nachdruck zum Ausdruck zu bringen, dass nicht nur die Umbenennung der Straße längst überfällig ist, sondern dass wir uns auch nicht mit einem nichtssagenden Namen wie Gartenstraße zufrieden geben werden.
Die Umbenennung der Hindenburgstraße ist auch ein symbolischer Akt, der vielen geschichtsbewussten Einwohner*innen Lüneburgs äußerst wichtig ist. Damit spreche ich vor allem von den Mitgliedern der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist*innen, die in Lüneburg so wichtige Arbeit leisten und denen ich meinen Dank und meine Anerkennung für ihre unermüdliche Tätigkeit in dieser Stadt aussprechen möchte.
Wir sollten uns daran erinnern, dass der Lüneburger Stadtrat 1950 die Gedenkzusammenarbeit mit der VVN aufgekündigt hatte und in der Folge die Menschen, die die Schrecken der KZs überlebt hatten, daran hinderte, ihren von den Nazis ermordeten Freund*innen, Mitinhaftierten und Verwandten am Ehrenfriedhof zu gedenken. Die Entscheidung desselben Stadtrates, die Gartenstraße in Hindenburgstraße umzubenennen, war Ausdruck der damals wieder aufkeimenden rechten Mehrheit im Rat. Für eine solche politische Kultur, die Kriegsverbrecher*innen und ihre Befürworter*innen nicht nur schont, sondern aktiv ehrt, ist kein Platz in einer solidarischen, weltoffenen und aufgeklärten Stadt, die längst in der Demokratie angekommen ist.
Wie wir in anderen Städten, in denen eine Straßenumbenennung bereits erfolgt ist, mitverfolgen konnten, ist die Gegenwehr der Anwohner*innen meist am größten. Und ja, es ist mit Aufwand verbunden, die eigene Anschrift und vielleicht auch die Visitenkarten und die Anschrift auf der Firmenwebseite zu ändern. Doch für diesen entstehenden Aufwand wird eine angemessene Entschädigung gezahlt. Wir sollten nicht vergessen, dass Menschen unserer Stadtgesellschaft unter dem von Hindenburg ermöglichten NS-Regime gelitten haben, selbst im KZ waren, Angehörige verloren haben, die verfolgt und ermordet wurden. Die über Jahrzehnte erhobenen Forderungen der Überlebenden, zu denen auch die im vorvorigen Jahr verstorbene Lüneburger Einwohnerin Sonja Barthel gehört, diese Forderungen, die sie zumeist heute nicht mehr persönlich vortragen können, sollten endlich gehört werden.
Die Umbenennung einer Straße ist ein kleiner Schritt im Vergleich zu den Reparationen, die wir zur Aufarbeitung deutscher Kriegsverbrechen zahlen müssten. Dennoch ist es wichtig, diesen Schritt zu gehen, gegen die europaweit wieder erstarkende Rechte, gegen alle demokratie- und verfassungsfeindlichen rechtsorientierten Bestrebungen, auch und vor allem hier in Deutschland, und für eine Erinnerungskultur, die diejenigen Menschen ehrt und hervorhebt, denen diese Form der Ehre zusteht und viel besser zu Gesicht steht als einem alten, weißen Nazibefürworter.
Die Linke wird sich weiter dafür stark machen, dass wir bald in der Sonja-Barthel-Straße wohnen und durch die Sonja-Barthel-Straße fahren und spazieren können. Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen!